Am 12. September 2017 veranstaltete das Institut für Europäische Gesundheitspolitik und Sozialrecht an der Goethe-Universität Frankfurt a.M. (ineges) in den Räumlichkeiten des House of Finance (HoF) (Theodor-W.-Adorno-Platz 3 – 60323 Frankfurt am Main) die Tagung:
„Compliance im Gesundheitswesen“
Die diesjährige Tagung greift die Debatte auf, die seit einigen Jahren vornehmlich als Kritik an bestimmten Formen der Zusammenarbeit oder des Verhältnisses zwischen Ärzten und anderen Leistungserbringern diskutiert wird und vor einem Jahr auch zur Einführung eines neuen Korruptionsstraftatbestandes ins StGB geführt hat. Allerdings soll sie in den umfassenderen Kontext normativer Verhaltenserwartungen an alle Beteiligten des Behandlungsgeschehens gestellt werden. Denn nicht nur Ärzte und andere Leistungserbringer, sondern – jeweils auf ihre Weise – auch Patienten oder Krankenkassen können die an sie gerichteten normativen Verhaltenserwartungen verfehlen.
Menschen handeln nach geschriebenen aber auch nach ungeschriebenen, teils auch unausgesprochenen Normen, die nicht immer widerspruchsfrei zueinander stehen. Normwidriges Verhalten kommt daher regelhaft vor. Debatten um die „richtigen“ Normen aber auch um geeignete oder bessere Durchsetzungsregime müssen daher immer wieder geführt werden.
Für das Gesundheitswesen scheint hieran ein besonderer Bedarf zu bestehen, wie die Vielzahl von Beratungsangeboten zum Compliance-Management andeutet. Allerdings kann die praxisorientierte Beratung zu den Hintergründen nicht vordringen.
Die Tagung soll hierzu einen interdisziplinären Beitrag liefern. Es sollen zum einen grundlegende Fragen des Compliance-Ansatzes aufgeworfen werden. Zum anderen sollen konkrete gesundheitspolitische Debatten zur Stärkung einer „guten Ordnung“ vorgestellt werden. Beim Thema Patientencompliance stellt sich die Frage, wie eine solche sichergestellt werden kann, ohne die Autonomie des Patienten aufzugeben. Schließlich soll in einem Podiumsgespräch reflektiert werden, welche Wirkungen Compliance-Konzepte zur Verwirklichung aber auch zur Veränderung eben dieser guten Ordnung haben.
Sie sind herzlich eingeladen, mit ausgewiesenen Wisenschaftlerinnen und Wissenschaftlern diese und weitere Fragen zu diskutieren.
Tagungsmaterialien
Prof. Dr. Stefan Kühl:
Universität Bielefeld, Professur für Organisationssoziologie
Die Normalität der Regelabweichung
Dr. Sven Kette:
Universität Luzern, Soziologisches Seminar, Schwerpunkt Organisation und Wissen
Dysfunktionen organisationalen Compliance-Managements
Prof. Dr. Jürgen Taschke:
Rechtsanwalt, Frankfurt a.M.
Durch Kriminalisierung zur Entkriminalisierung: Bericht über einen Feldversuch der Pharmaindustrie
Prof. Dr. Ralf Kölbel:
LMU München, Lehrstuhl für Strafrecht und Kriminologie
Compliance und institutionelle Korruption im Pharmavertrieb
Dr. Martin Sedlmayr:
FAU Erlangen-Nürnberg, Lehrstuhl für Medizinische Informatik
eHealth als Schlüssel für bessere Patientencompliance – technische Möglichkeiten und medizinische Herausforderungen
Jean Dietzel:
Institut für Gesundheits- und Sozialforschung (iges), Berlin
Die neuen Player im Markt (kein Dokument verfügbar)
Dr. Yoan Hermstrüwer:
MPI Gemeinschaftsgüter, Bonn
Anreize und Nudging zur Patientencompliance: Eine juristische Betrachtung