Am Mittwoch, den 15. September 2021, veranstaltete das Institut für Europäische Gesundheitspolitik und Sozialrecht die wissenschaftliche Tagung zum Thema „die Zukunft der Gesundheitsberufe in Bildung und Migration“.
Der pandemiebedingte Blick auf die Intensivmedizin hat das Bewusstsein dafür wachsen lassen, dass die besten medizintechnischen Versorgungskapazitäten wertlos sind ohne ein dazugehöriges hoch qualifiziertes und motiviertes medizinisches Fach- und Pflegepersonal. Die Sicherung der Fachkräftebasis im Gesundheitsbereich, wie in den sozialen Berufen insgesamt, ist in Ansehung des Sozialstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 1 GG) sowie der staatlichen Schutzpflichten für Leib und Leben (Art. 2 Abs. 2 GG), auch eine Aufgabe staatlicher Daseinsvorsorge. Es liegt nahe, sich dieser Aufgabe auch dadurch zu stellen, dass der Bedarf durch Migration gedeckt wird; gleichzeitig ist aber das deutsche Gesundheitssystem selbst von Konkurrenz um Fachpersonal betroffen. Die Sicherung der Fachkräftebasis insgesamt ist explizites Ziel des deutschen Beschäftigungszuwanderungsrechts (§ 18 Abs. 1 AufenthG) und in der rechtlichen Diskussion um die optimale Ausrichtung des Fachkräfteeinwanderungsrechts nimmt der Gesundheitsbereich eine besonders prominente Rolle ein.
Nicht nur für das Migrationsrecht wird die Fachkräftegewinnung für den Gesundheitsbereich zum zentralen Thema. Der gesamte Bildungssektor muss sich, auch vor dem Hintergrund des fortschreitenden Trends zur Akademisierung, verstärkt der Frage zuwenden, wie soziale (Ausbildungs-)Berufe an Attraktivität und Wertschätzung gewinnen können. Das Ausbildungsmigrationsrecht selbst bildet beide Dimensionen dieser Querschnittsaufgabe ab. Vor allem in der Gesundheitspflege kommt eine überragende Bedeutung dem besonderen Typus der Migration zum Zwecke der Nachqualifizierung zu, der Fachkräfte- und Ausbildungsmigration miteinander verschränkt und in großem Umfang durch Vermittlungsabsprachen der Bundesagentur für Arbeit mit Drittstaaten gekennzeichnet ist. Die Migration von (werdenden) Fachkräften bildet aber nur eine Seite der Medaille. Ein Gesamtbild wäre unvollständig, blickte man nicht auch auf bestehende Attraktivitätsdefizite der Bildungsangebote für soziale Berufe in Deutschland und auf Potenziale zu ihrer Behebung. Die Zulassungsbedingungen für das Medizinstudium in Deutschland sind seit längerem Gegenstand von Kontroversen und sollen daher ebenfalls betrachtet werden. Schließlich hat das BAG jüngst die Arbeitsbedingungen für ausländische Kräfte in der häuslichen Pflege in den Fokus gerückt, auch hier soll die Tagung tiefere Einblicke ermöglichen.
Vortragende; Prof. Dr. Winfried Kluth (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Leiter der dortigen Forschungsstelle Migrationsrecht), Dr. Holger Kolb (Leiter des Bereichs Jahresgutachten und Stellvertreter der Geschäftsführung beim Sachverständigenrat für Integration und Migration, Berlin), Kathleen Neundorf (Mitwirkende an der Forschungsstelle Migrationsrecht an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg), Prof. Dr. Matthias Bode, M.A. (Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen) und Prof. Dr. Achim Seifert (Friedrich-Schiller-Universität Jena).