„Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ im SoSe 2024 in Kooperation mit Prof. Dr. Friederike Gebhard (Universität Bielefeld)
Das SGB V verpflichtet dazu, Gesundheitsleistungen wirksam und wirtschaftlich zu erbringen (vgl. § 2 Abs. 1, 4 SGB V). Das Wirksamkeitsgebot, das eng im Zusammenhang mit der evidenzbasierten Medizin steht, dient der Patientensicherheit, das Wirtschaftlichkeitsgebot der Finanzierbarkeit des GKV-Systems. Das Gebot der Wirksamkeit wird im Krankenversicherungsrecht aber durch verschiedene Regelungen durchbrochen: So bestehen unter bestimmten Voraussetzungen Ansprüche auf Arzneimittel und Behandlungsmethoden, deren Wirksamkeit nicht nach dem üblichen Standard gesichert ist. Dass in diesen Fällen Leistungen auf Kosten der Solidargemeinschaft erbracht werden, führt zu einem Konflikt mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB V und dem Patientenschutz, während gleichzeitig aber die Patienten (und auch die Leistungserbringer) ein Interesse an der Leistungserbringung haben. Möglicherweise bedeuten neue Leistungen und Methoden auch eine bessere medizinische Versorgung. In diesem Sinne statuiert das SGB V auch ein Fortschrittsgebot (§ 2 Abs. 1 S. 3 2. Var. SGB V).
In anderen Fällen zahlen die Krankenkassen Leistungen, für deren Wirksamkeit es gar keine Evidenz gibt (wie bei der Homöopathie), was erst recht die Frage aufwirft, wieso die Solidargemeinschaft mit den Kosten belastet werden darf. Eine andere Besonderheit des deutschen Gesundheitssystems, die schon oft auf Kritik gestoßen ist, ist die Regulierung des Heilpraktikerberufs.
Die Vortragsreihe im Sommersemester 2024 will sich in mehreren Vorträgen Einzelaspekten des Themas „Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ widmen, ohne dabei die übergeordneten Querschnittsfragen aus dem Blick zu verlieren: Welche Voraussetzungen müssen vorliegen, damit eine Abweichung vom Wirksamkeitsgebot gerechtfertigt sein kann? In welchem Umfang darf dann abgewichen werden, wie hoch muss das verbleibende Evidenzlevel sein? In welchen Fällen haben Versicherte einen verfassungsrechtlichen Anspruch darauf, Gesundheitsleistungen ohne gesicherte Evidenz zu erhalten? Hemmt ein zu striktes Wirksamkeitsgebot die Innovation im Gesundheitswesen? Wer sollte darüber entscheiden, ob auf eine nicht vollständig gesicherte Methode Ansprüche der Versicherten bestehen können (Gesetzgeber, G-BA, IQWiG, Krankenkassen, Gerichte)?
Bitte melden Sie sich über ineges@jur.uni-frankfurt.de für die einzelnen Vorträge an; wir schicken Ihnen dann rechtzeitig den Zoom-Link zu.